Ich bin... » Woher komme ich - Ideen

Bei den künstlerischen und kreativen Fähigkeiten, die man in sich spürt bzw. hat und verwirklichen will, stellt sich für mich auch immer die Frage nach den Wurzeln wie:
Woher ( aus was für einer Familie - künstlerisch kreativ oder nicht?) komme ich?
Wer hatte ähnliche Fähigkeiten, Neigungen in der Familie?
Wie sind sie damit umgegengen - haben sie etwas davon gelebt, verwirklicht?
Hat meine Familie mich unterstützt, gefördert?
Bin ich ganz anders als meine Familie? usw usw usw.

Wäre das mal einen Austausch wert?
Dann wird uns selbst vielleicht auch einiges klar über uns?

Hallo creativa,

Das alles geistert mir auch gerade im Kopf herum. Daher beantworte ich einfach mal deine Fragen, ok?

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Woher ( aus was für einer Familie - künstlerisch kreativ oder nicht?) komme ich?

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Ich komme aus einer Familie, in der große Bewunderung für andere Kreative vorherrschte. Solche, die es geschafft haben. Solche, die talentiert waren. Ich gehörte da nicht dazu. Dass auch die Talentierten irgendwann mal angefangen haben und am Anfang Anfängerwerke produziert haben, wusste ich nicht. Mir wurde vermittelt, dass man Talent hat oder eben nicht. Wer über längere Zeit kreativ war und keine vorzeigbaren Werke produzierte, war ein Trottel. Moderne Kunst war totaler Mist.
Als ich anfing, Posaune zu üben, klang das natürlich erstmal fürchterlich und ich wurde oft angemeckert, aber irgendwie hab ich mich da dann doch durchgetrotzt, und später dann jahrelang nur noch aus schlechtem Gewissen gespielt, weil mir das Instrument geschenkt worden war.
Ich wurde gelobt, wenn ich Bewährtes (Handarbeiten v.a.) korrekt machte. Musik wenn dann nach Noten und klassisch. Modernes Zeugs oder Improvisation kamen nicht vor. Malen und Zeichnen auch nicht. Schreiben - wenn dann Briefe. Geschichten, Gedichte, Bücher - da brauchen wir gar nicht mal drüber nachdenken.

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Wer hatte ähnliche Fähigkeiten, Neigungen in der Familie?

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Mit meinen Geschwistern haben wir oft "rumgeblödelt". Ich glaube, wir hatten einfach riesigen Spaß an Sprache, daran, Witze zu erfinden, mit Wörtern zu spielen usw. Die Reaktionen der Erwachsenen darauf waren: "Hört endlich auf mit dem Mist. Redet nicht so einen Schwachsinn. Seid still beim Essen."
Vor kurzem habe ich entdeckt, dass ich mit meinen Geschwistern und meinem Vater die Faszination für Astronomie und Zahlenspielereien teile. Als mir das bewusst wurde, habe ich mich zu Hause gefühlt, geerdet.

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Wie sind sie damit umgegengen - haben sie etwas davon gelebt, verwirklicht?

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Mein Vater hat seine Freude am Erfinden von technischen Sachen ausgelebt. Meine Mutter hat das oft belächelt, hat abwertende Kommentare gemacht. Mit Papier und Wolle basteln war ok, aber nur solange was Ordentliches dabei rauskam. Und das konnten andere meistens besser als ich.
Meine erste drei in der Schule habe ich für ein Flugzeug bekommen, dass wir aus Pappe basteln mussten. Ich war total verzweifelt, weil ich sonst fast nur Einsen und ein paar wenige Zweien hatte. Ich glaube, meine Eltern haben mich da versucht zu trösten, jedenfalls war die Drei für sie gar nicht schlimm.

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Hat meine Familie mich unterstützt, gefördert?

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Hm ... Unterstützung ja bei allem, wo das Risiko, dass es schief geht, dass ich mich lächerlich mache, sehr gering war.
Ich wollte über mehrere Jahre unbedingt zum Reitverein gehen. Da führte kein Weg rein. (Ich kann die Gründe heute verstehen, aber es schmerzt halt immer noch, dass mir das damals nicht erklärt wurde, dass niemand mit mir nach Alternativen gesucht hat, dass meine Wünsche einfach ignoriert wurden, dass ich sie mir am Ende selbst verboten habe.)
Meine Geschwister begannen, Instrumente zu lernen. Ich wollte nicht. Als ich mich dann bei einem Konzert in die Musik verliebte und dann doch wollte, sagte meine Mutter: "Na, die werden dich ja jetzt bestimmt nicht mehr nehmen." (da hatten sie mich aber schon "genommen"). Als andere uns dann für das Blechbläsertrio (später -quartett) in der Familie bewunderten, war wieder alles toll. Aber die anderen, die an der richtigen Musikschule in der Nachbarstadt Unterricht nahmen, waren natürlich tausendmal toller als wir und unerreichbar.

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Bin ich ganz anders als meine Familie? usw usw usw.

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Mit dem Schreiben bin ich komplett anders. Also, es gibt noch mindestens einen schreibenden Menschen und einen mit einem bewundernswerten Wortwitz, aber ich glaube, beide sind sich ihrer Fähigkeiten noch nicht bewusst.

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Wäre das mal einen Austausch wert?

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Auf jeden Fall.

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Dann wird uns selbst vielleicht auch einiges klar über uns?

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Für mich war das Schreiben jetzt sehr aufschlussreich ...

Danke! und Lieber Gruß
Maira

@ Ja, Creativa, danke für diese schöne und wichtige Anregung

@ Maira: ich erkenne so einiges wieder aus meiner eigenen Familie

mein Vater war ein Mann des Wortes. Er schrieb mit 12 Jahren ein wunderschönes Gedicht, das in einer Zeitung veröffentlicht wurde. Er las sehr viel. Er war an Literatur durchaus interessiert. Immerhin. Moderne Kunst: was ist das denn für eine Sch***e? Er ärgerte sich richtig darüber, stritt sich mit meiner Mutter darüber.

meine Mutter wollte wohl mal Kunstgeschichte studieren, tat es aber nicht. Sie ist auch recht musikalisch, sang in einem Chor.

Ich musste gegen meinen Willen mit 7 oder 8 Jahren Blockflöte spielen, dass Instrument hatte mich nie interessiert, vor allem aber wurde ich von dem Lehrer gedemütigt. Mein Gott, was waren wir für eingeschüchterte Kinder damals in den 60ern. Es war eine Tortur für mich. Wahrscheinlich auch der Grund, warum ich mich freiwillig danach nie mehr einem Lehrer unterordnen wollte.

Trotzdem waren mein Bruder und ich begeistert von der Rockmusik, die wir schon sehr früh hörten. Ich begann mit 13 Jahren, Gitarre zu spielen, als Autodidakt. Mein Bruder diverse andere Instrumente. Der Standardspruch der Väter damals: macht die Hottentottenmusik leiser! Natürlich auch bei uns. Der Kampf um die langen Haare.

Die Einstellung meiner Eltern: es gibt Künstler, die sind entweder hochtalentiert und erfolgreich oder man lässt besser die Finger davon weg. Man Vater hätte malende Männer belächelt, zwar still und leise, aber er hätte es getan.
Da mein Bruder extrem aggressiv und renitent war, in der Schule total versagte, wurde er schnell das schwarze Schaf in der Familie. Fing mit 16 das Saufen an.
Und soviel besser war ich auch nicht. ;-) Da war nicht mehr die Rede von Kultur oder Kunst. :-)))

Wir haben eine 9 bzw. 11 Jahre jüngere Schwester, die mit Kunst nicht das entfernteste am Hut hatte.

Mein Bruder und ich sind heute wie Feuer und Wasser. Mein Bruder sagt: Musik ist das Einzige, was mich wirklich am Leben erhält. Er ist aber auch begeisterter Leser klassischer Literatur. Als Frührentner macht er nicht viel anderes. Kultur ist unser einziger gemeinsamer Bezugspunkt. Mein Bruder interessiert sich für nichts modernes. In der Malerei muss es Rembrandt sein, in der Literatur Shakespeare. Und schon bin ich auf der Palme.
Ich sage zu ihm: Du bist borniert, arrogant und eingebildet. Was antwortet er mir? ich weiß!

Wir beide müssen einen verdammt guten Tag haben, um miteinander klar zu kommen.

Toleranz ist keine sehr stark ausgeprägte Seite in unserer Familie. Weder elterlicher seits, noch bei uns Kindern. Ich habe Toleranz auch erst lernen müssen.
Ich selber habe ja keine Kinder.
Habe 4 Nichten, je 2 von Bruder und Schwester. Alle vier werden in ihren künstlerischen Ambitionen stark gefördert. Das finde ich gut.
Es gibt noch einen unehelichen Sohn meines Bruders, den kenne ich aber nicht. Niemand aus der Familie kennt ihn.

Achmist, ich wollte meinen Senf dazu geben, aber das mache ich lieber bei den TAWis!

@Glove

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In der Malerei muss es Rembrandt sein, in der Literatur Shakespeare. Und schon bin ich auf der Palme.

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Das hätte von mir sein können.
Ich habe eine ähnliche Kiste mit einem 20 Jahre älteren Freund, der mir immer mal wieder bestimmte Klassiker oder total pathetische Filme empfiehlt. So in einem Ton von: "Das musst du gelesen/gesehen haben. Das ist sehr, sehr gut und wichtig."

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Ich sage zu ihm: Du bist borniert, arrogant und eingebildet.

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Das mache ich dann allerdings meistens (noch?) nicht. Stattdessen fress ich die Wut in mich rein, trag sie jahrelang mit mir rum, und fühle mich selbst ganz unkultiviert, weil ich diese "qualitativ hochwertige Kunst" nicht schätzen kann.
Na gut, wenigstens schaff ich es inzwischen ab und an zu äußern, dass ich mit diesen Dingen nicht so viel anzufangen weiß. Oder ich frage, was denn genau daran so toll ist. (die Antworten sind leider auch oft nicht so sehr aufschlussreich)
Lieber Gruß
Maira

Ganz lieben Dank für eure authentischen, ergreifenden und interessanten Schilderungen!
So reichhaltig hätte ich es mir gar nicht vorgestellt!
"Aber"? - wir sind eben eine "reiche", vielseitige Gruppe !!
Wunderschön!

Bevor ich meine- recht einfachen "Verläufe" schildere, ist mir noch eines eingefallen-aufgrund meiner eigenen Biografie:
Wer von außen - außerhalb der Familie- hat uns evtl. beeinflusst!??

Mit frohem Gruß
creativa

creativa kommt aus einer kleinbürgerlichen, liebevollen, aber nicht unkreativen Familie: Der Vater ist Verwaltungsmensch und sehr lebenspraktisch orientiert, hat aber gelernt, dass man seinen drei Kindern alles nur irgendwie kulturell Mögliche bieten soll: deswegen gibts regelmäßigen Theaterbesuch, Büchereikarte, Malschule und wer will :(keiner ;-) !!!) Musikunterricht. Mama leidet etwas darunter ;-) und hofft, dass die Schule ihr Übriges tut - aber außer Theateraufführungen, Singen im Schulchor und heimlich Tagebuchschreiben und -austausch kann keine(r) was von uns drei Kindern mit den künstlerischen Angeboten der Eltern was anfangen. Wir erlernen alle drei sehr pragmatisch orientierte Berufe.
Unsere Eltern sind früh tot und nehmen so manches Familiengeheimnis und auch Gefühltes, Erlebtes mit in die Ewigkeit....
Erst später ahnen wir durch den Nachlass, dass unsere Mutter mehr Kreativität, kleine künstlerische Ideen im Alltag gelebt hat....
Meine Geschwister sind auch sehr durch (praktische) Arbeit geprägt, ich habe etwas Liebe zum Schreiben entdeckt, suche in Musik und Fotografie autodidaktisch Freude, Erfüllung....
Meine Kinder zeigen schon früh Kreativität, (nicht nur aus Muttersicht!) die ich einfach kommen lasse, ungezügelt, lustvoll. Sie malen!!!-Kein Mensch aus der mir bekannten Familie hat jemals gemalt; sie konstruieren, designen...völlig andere Welt!!! ich bewundere (und beneide!!) sie heute und freue mich, dass sie aus unserer (meiner) Familie kommen und doch Neues dazu bringen...
Der Vater meiner Kinder findet hier wenig Berücksichtigung - das liegt daran, dass seine Neigungen in ganz anderen Bereichen lagen und ich auch wenig wirklich von ihm und seiner Familie weiß....
Zu Außeneinflüssen: ich hatte eine Freundin, deren Vater Musiklehrer war und der "gottvoll" Klavier spielte - er lies mich ahnen, was ich bisher versäumt hatte - trotz Angebote meiner Eltern. Er war es, der mir aber auch den Mut fürs Ausprobieren lehrte, nicht direkt....aber indirekt und so lehrte mich Jahrzehnte später ein Keyboard die ersten Töne.....

Wir sind drei Geschwister. Von meinem Vater habe ich eine Liebe zur Musik mitgekriegt, insb. alte Musik und Gesang. Wir haben sogar für eine kurze Weile im gleichen Chor gesungen. Früher haben er, meine Schwester und ich oft an Weihnachten oder Ostern in der Kirche zusammen Musik gemacht (Blockflöte...)
Er war kein Berufs-Musiker, hat aber doch immer was mit Musik gemacht, einen Posaunenchor geleitet, in verschiedenen Chören gesungen. Beim Wandern hat er auch oft gesungen.
Am Tag vor seiner Beerdigung war ich in Heilbronn, in der Killianskirche, und habe Mut gefaßt und ganz allein für mich ein Lied gesungen, das ich kenne, 'Abide with me'. Am Beerdigungstag dann habe ich im Nachruf gehört, daß er als Kind auch einmal ganz allein in der Kirche gesungen hat. Da hab ich mich ihm sehr nah gefühlt.
Meine Schwester hat irgendwann so ab der 5./6. Klasse Geigenunterricht bekommen - sie hat dann auch Musik studiert und für sie ist Musik heute Arbeit. Sie gibt selbst Geigenunterricht, spielt in einem Streichquartett. Ich habe sehr bald aufgehört, ihr Musik-CDs zu schenken... Mein Bruder spielt für sich selbst ein bißchen E-Bass.
Ich habe so mit 13 zur Konfirmation eine Gitarre bekommen, hatte auch Unterricht, aber habe meistens nicht so diszipliniert geübt, sondern eher herumgespielt, und die Lieder gesungen, die ich mochte. Vorspiel-Situationen mochte ich nie, da wurde ich immer unsicher, die Finger haben gezittert. Für den Musik-LK hat es so eben gereicht.
Malen oder Zeichnen dagegen... hmm, da muß ich sehr lange suchen. Ich habe irgendwann festgestellt, daß meine Mutter und ich ungefähr dieselben Künstler mögen, zB. Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Paula Moderson-Becker, Marc Chagall, Vincent van Gogh. Sie selbst hat das nicht ausprobiert, aber ich denke, sie hat in dieser Richtung auch niemals eine Förderung erfahren. Sie war eins von 7 Kindern auf einem Bauernhof, und für sie war es das höchste, wenn sie zur Schule gehen konnte, anstatt zu arbeiten. Sie hat, erzählte sie, heimlich gelesen....
Als ich nach meinem Remscheid-Abenteuer wieder für zwei Jahre daheim wohnte und mein eigenes kleines Zimmer hatte, hab ich oft bis spät in der Nacht Musik gehört und gezeichnet oder gemalt - in dieser Zeit hat meine Mutter öfters noch in einer Gaststätte in der Küche geholfen. Wenn sie heim kam, schimpfte sie regelmäßig, weil ich noch nicht im Bett war - aber am anderen Tag sagte sie, daß sie sich irgendwie auch gefreut hätte, daß ich noch wach war.
Sie war es, die mir meinen ersten richtigen Aquarellkasten geschenkt hat.. schon zum Ende der Schulzeit. Ich weiß nicht, was sie auf diesen Gedanken gebracht hat, aber sie hat damit für mich/in mir eine Menge in Bewegung gesetzt.
Jetzt, wenn ich zu ihr komme, zeichne ich oft etwas für sie, so nebenher. Das ist etwas, was mich - auch wenn ich unruhig bin oder auch erschöpft - irgendwie mit dem Jetzt und Hier in Verbindung bringt, und mit mir selbst Ich glaube, sie spürt das - und ich glaube, das tut ihr gut, und mir auch. Ich habe bei ihr ein paar Pinsel und Aquarellstifte und einen kleinen Block deponiert, aber manchmal wird's auch 'nur' eine kleine Maus oder ein Bär auf einem Notizzettel.
Heute habe ich ihr auch ein paar meiner neueren Bilder gezeigt. Manchmal überrascht mich, was sie mag und wie sie es zum Ausdruck bringt. Ich wünschte manchmal, ich könnte ihr Mut machen, selbst etwas zu versuchen, aber sie lehnt das immer ab.
Ich glaub nicht, daß diese Verbindung, oder überhaupt meine Kunst, einer von meinen Geschwistern nachvollziehen kann. Da fühl ich mich eher wie ein Sonderling, ein Kuckuckskind. Mein Bruder sagt, ja, nette Art, sich die Zeit zu vertreiben..

Von meinen Großeltern weiß ich in der Richtung nichts - nur von meiner Großmutter väterlicherseits - da sie ihre Heimat in Schlesien mit den Kindern verlassen mußten, waren sie eine Weile in Dresden, und meine Großmutter soll Teddybären genäht und verkauft haben, und mit Gras aus dem Wald gefüllt, das sie selber gesammelt hat. Ich hab aber nie einen gesehen.

Das wurde jetzt ein rechtes Sammelsurium an Erinnerungen...
Für heute nacht alles... daher auch der Check-In morgen..
Liebe Grüße
Eva

@ all
was ich feststelle: um Weihnachten/Neujahr war es richtig ruhig geworden, hier im Forum. Die einzelnen hatten sich offenbar in sich verkrochen.
Jetzt erleben wir hier eine tolle Zeit zusammen! Es brodelt! Merkt Ihr es auch???
Bin so froh, dass wir "die Neuen" mit dabei haben!
Danke, danke, danke für das, was Ihr schreibt!
GGGVLG
G

hallo, ich habe jetzt einen beitrag in open office vorgeschrieben. wie bekomme ich ihn jetzt hier rein? funktioniert irgendwie nicht.
lg malerei

Mein Vater, 1913 geboren, wuchs mit 1 Bruder und 5 Halbgeschwistern im Ruhrpott auf. Er hatte
den sehnlichsten Wunsch, Goldschmied zu werden. Damals mußte man wohl noch für diese Ausbildung bezahlen. Dafür war aber kein Geld da. Also ab zur Zeche, erst untertage, später Vorarbeiter für ? Das hat ihn wohl sehr verbittert. Er war ein sehr strenger Mann, sein ganzes Leben lang geizig, auch zu sich selbst.
Meine Mutter war eine sehr stille Frau, die oft als Putzfrau gearbeitet hat. So hatte sie wenigstens etwas Geld für sich oder für meine Schwester und mich.
Ich habe noch eine 6 Jahre ältere Schwester, die mir heute noch vorwirft, das sie immer auf mich aufpassen mußte. Seit einem halben Jahr haben wir keinen Kontakt.
Leider kann ich mich an ganz wenig aus meiner Kindheit erinnern. Ich war ein Frühchen und wurde dementsprechend verwöhnt. Meine eigenen Erinnerungen fangen mit dem Kindergaten an, den ich gehasst habe. Dort gab es immer grobe Leberwurst auf den Broten, igitt. Ich bin auch nie gerne zur Schule gegangen, vielleicht weil ich dort so viele Schwierigkeiten hatte. Ich war nicht dumm, aber Linkshänderin!!! In der Schule wurde ich dann „umerzogen“ auf rechtshändig. Leider haben meine Eltern sich nie dafür eingesetzt das ich weiter links schreiben durfte. Ich hatte immer schlechte Zensuren, da ich rechts nicht so schnell schreiben konnte und zu langsam war. Diktate bekam ich nie zu Ende. Unterstützung war ein Fremdwort für meine Eltern. Die einzigen guten Noten hatt ich in Musik, Sport, Kunst und Geografie. Vielleicht reise ich deshalb so gerne.
Damals war nur Hauptschule angesagt. Im 6. Schuljahr hatte ich einen Lehrer, der nur den linken Arm benutzen konnte. Das war mein großes Glück. Bei ihm durfte ich mit Links schreiben. Danach wurde vieles einfacher für mich, aber meine Defizite waren da.
Mit 14 die Schule beendet, eine Ausbildung als Fotolaborantin gemacht im S/W-Bereich. Endlich etwas, was mir Spass gemacht hat. Danach 2 Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Mit 18 die „große Liebe“ kennengelernt. (Grafik-Student) Endlich in einen kreativen Bereich gelandet. Heute würde ich sagen, diese Zeit hat mich am meisten geprägt. Dumm, wie wir damals waren, wurde ich mit 19 schwanger, geheiratet, drei Jahre später das 2. Kind gewollt. Es war eine schöne Zeit, die Zeit der Hippis, der Folkmusik, Rock und Blues. Viele Kontakte zu Grafikern, Maler, Designer und Fotografen. So hatte ich ab und an kleine Aufträge bekommen zum Vergrößern. Ich hatte immer ein kleines Labor im Badezimmer. Als die Kinder aus dem gröbsten raus waren, wollte ich endlich wieder arbeiten, am liebsten im grafischen Bereich. Mein Mann war selbstständig, bekam viele Aufträge von einem befreundetem Designer. Ich hätte so gerne bei den Reinzeichnungen geholfen. Wollte mein Mann aber nicht. Inzwischen von Herne nach Elmpt umgezogen. Er war jetzt in einer Werbeagentur in Düsseldorf und ich saß in einem Dorf fest. Habe dort Kurse in Laborarbeit und Batiken gegeben. So ist das nun einmal auf dem Land. Damals jedenfalls. Tja, und dann war alles auf einmal vorbei. 1980 , die Kinder waren 9 und 12, habe ich durch Zufall erfahren, das mein Mann seit einem Jahr eine Freundin hatte. Kurz und gut: ich war total am Ende. Bin ausgezogen, die Kinder blieben bei ihm. Ich war nicht fähig, irgend etwas zu regeln. Habe alles über mich ergehen lassen. Fiel von einer Depression in die nächste. Ich habe mir nicht zugetraut, mit den Kindern alleine zu leben. Keine Arbeit, Hypohek auf dem Haus und jede Menge Wut, Angst und kein Selbstwertgefühl in mir. Das Haus wurde verkauft, ich mit 20.000 DM abgespeist, das war es dann.

Ich bin dann auch nach Düsseldorf gezogen um in der Nähe meiner Kinder zu sein. Ich hatte Arbeit in einer Werbeagentur im Labor. Das wurde nach einem Jahr geschlossen und ich wieder ohne Arbeit. Der Kontakt zu meinen Kindern war gut. Wir haben uns oft gesehen. Mittlerweile war 1 Jahr vergangen und ich mußte etwas unternehmen. Habe ein Jahr lang therapeutische Hilfe in Anspruch genommen. Das war das Beste was ich machen konnte. Bin dann mit 33? zur Abendschule gegangen und habe den Realschulabschluß nachgeholt. Tagsüber gejobbt, abend s mit jungen Leuten die Schulbank gedrückt. Da ging es mir dann besser. Arbeit in einer großen Redderei gefunden. 1982 meinen jetzigen Mann kennengelernt, 1986 geheiratet. Neue Arbeit in einer Videofirma gefunden. Endlich wieder Kontakte mit vielen Künstlern gehabt. (Künstlervideos und Filme ). 1988 in den öffentlichen Dienst als Fotolaborantin. Endlich war ich da angekommen, wo ich immer hinwollte. Ich habe im kulturellen Bereich gearbeitet. Meine Kunden waren Restaurierungszentren, Kunstmuseen, Schulen, Galerien usw. Ich habe bei vielen Fotoausstellungen mit gearbeitet, usw. Ich habe es geliebt, dort zu sein.
Seid 2009 bin ich in Rente. Mein Vater ist seid 17 Jahren tot. Meine Mutter hat die letzten 13 Jahre mit uns, aber in getrennten Wohnungen gelebt und darüber bin ich sehr froh. Sie ist vor fast 3 Jahren an Krebs gestorben. Ich vermisse sie so sehr.
Meine Kreativität kam erst zum Vorschein durch meinen ersten Mann. Dafür danke ich ihm. Trotz der Kinder haben wir keinen Kontakt. Mittlerweile habe ich 3 Enkel-1 echtes und 2 mitgebrachte. Meine Söhne sind beide im kreativen Bereich tätig.
Mir tut es heute noch Leid, das ich damals so gehandelt habe. Es ging einfach nicht anders. Obwohl soviel Zeit seitdem vergangen ist, denke ich manchmal mit Wehmut daran.
Meine Kinder haben eine sehr gute Beziehung zu meinem jetzigen Mann. Sie haben ihrem Vater nie verziehen, wie er mit mir umgegangen ist.
Ich habe das Glück gehabt, wieder einen Menschen zu treffen, mit dem es sich zu leben lohnt. Wir haben gemeinsame Hobbys und doch kann jeder auch für sich sein.

Ich merke, das es mir gut getan hat, dies alles (obwohl es nicht alles ist) einmal aufzuschreiben. Es muß ja nicht alles gelesen werden. Ist ein bischen viel geworden.

malerei