RE: Freistil- oder Speed-Writing - 2

Raphael... ein Engel, denkt sie.

Die Wirkung des Kokains lässt langsam nach, Samira muss an M. LeClerk denken, den sie am Nordseestrand zurückgelassen hat - auf einmal hat sie ein jämmerliches Gefühl in der Magengegend. Ob er ertrunken ist? Oder hat er es ans Ufer zurückgeschafft, den Diebstahl bemerkt und womöglich schon die Polizei auf sie gehetzt? - Nein, denkt sie, nicht bei so einer Brandung, nicht nachts, im Kokainrausch. Aber sicher ist sie sich nicht.
Ohne wirklich zu verstehen, warum, wendet sie den Wagen und fährt noch einmal zurück. Zu der Absenderadresse auf dem Brief zieht es sie, aber sie muß erst etwas zum Abschluss bringen.
Der Morgen graut, als Samira wieder am Ufer steht. Das Meer ist näher herangerückt - wie von einer sehr großen Zunge abgeleckt, ist der gestern abend noch weiche und trockene Sand jetzt kalt und klamm. Das Meer ist aufgewühlt, es braust und tobt, es lehnt sich mit aller Gewalt gegen das Land auf.
Kein Mensch ist am Strand zu sehen. Die Sachen von Le Clerk liegen nicht mehr am Ufer - sie müssen wohl fortgespült worden sein. Samira ruft seinen Namen, schreit schließlich, aber die Möwen lachen sie nur aus, und Brandung und Wind verschlucken sowieso das meiste. Die Kälte macht Samira schließlich ganz still.
Für eine ganze Weile steht sie wie versteinert am Ufer, unfähig eine Entscheidung zu treffen. Le Clerk hätte ihr vielleicht ein paar Antworten geben können, wenn sie ihn gefragt hätte. Jetzt ist sie auf sich allein gestellt.
Endlich reißt sie sich aus der Erstarrung los, geht zum Wagen zurück. Sie öffnet den Kofferraum.